Wenn ein Stern vom Himmel fällt

 

Müde und kraftlos legte sich der alte Kater nieder, er schloss die Augen und dachte traurig daran, dass auch heute ein Tag wie jeder andere war. Das Tierheim hatte gegen Morgen seine Türen geöffnet, unzählige Besucher strömten durch die Gänge,in denen die Hunde und Katzen untergebracht waren.

Sein Zuhause bestand aus einem großen Raum, den er sich mit 16 anderen Katzen teilte. Es gab auch ein wunderschönes Außengehege, dass man durchstreifen konnte, doch der alte Kater blieb meist in seinem Körbchen liegen, das ihm keine der anderen Katzen streitig machte, da es sehr schöne Kratzbäume und andere Schlafgelegenheiten gab.

Wieder wanderten seine Gedanke zurück zum Beginn des heutigen Tages, der sich nun langsam verabschiedete, um einer weiteren dunklen Nacht zu weichen. 3 seiner Artgenossen wurden heute freudestrahlend abgeholt, ihn beachtete niemand. Nun, man sah ihm sein Alter an aber er war keineswegs hässlich. Sein Körper war im Laufe der Jahre sehr schmal geworden, das Fell war nicht mehr ganz so dicht wie einst... er war aber immer noch nett anzuschauen. Doch das wusste er nicht.

Einmal blieb ein Kind vor ihm stehen und rief seinen Eltern zu: "Schaut mal, der ist aber dünn, der gefällt mir nicht. Ich möchte eine kleine Katze!" Dann entfernte es sich und der alte Kater legte seinen Kopf wieder auf die rechte Pfote und schloss müde die Augen.

So ging es Tag für Tag, Nacht für Nacht wurde er schwächer. Nein, er war körperlich mit seinen 10 Jahren noch sehr rüstig...es war seine Seele, in der sich mehr und mehr die Trauer einnistete. Nur sehr selten noch erhob er sich, döste den ganzen Tag vor sich hin und träumte. Er träumte von den vergangenen Tagen, in denen er glücklich war. Glücklich ein Heim zu haben bei der alten Witwe, in deren Bett er jede Nacht schlief, die immer ein gutes Wort für ihn hatte. Als sie starb, wich er 4 Tage nicht von ihrer Seite bis diese Männer ihn, der nun kraftlos auf dem Bett lag, einfingen und dort hin brachten wo er nun seit 5 Jahren war.

Niemals wurde er böse oder wehrte sich gegen die Tierpfleger oder den Tierarzt wenn er seine Spritzen bekam. Nein, er lies alles mit sich geschehen und so gab es auch keine Probleme mit ihm, egal in welcher Hinsicht. Die Monate gingen dahin, tagaus, tagein wechselten seine Mitbewohner. Alle wurden in ein schönes Heim geholt...nur er nicht.

In dieser Nacht jedoch sollte etwas geschehen mit dem der alte Kater nicht gerechnet hatte. Als er sich erhob, um die Katzentoilette aufzusuchen, sah er ein funkeln und strahlen am Himmel. Neugierig blickte er gen Himmel und sah eine wunderschöne Sternschnuppe zu Boden fallen. "Was kann das nur bedeuten"? fragte er sich insgeheim und schlief mit seinen Gedanken über diese Erscheinung vor wenigen Augenblicken wieder ein.

Noch recht früh am Morgen öffneten sich wieder mal die Tore für die Menschen, die ihren Kindern ein Tier zur Weihnacht schenken wollten. Die ersten Leute traten in das Katzenhaus und verließen es wenig später, nach dem sie sich für ein bestimmtes Tier entschieden hatten. Der alte Kater blinzelte in die winterliche Sonne und bemerkte einen kleinen Jungen, der an der Tür des Katzenhauses verweilte und ihn liebevoll betrachtete.

"Merkwürdig" dachte er "warum geht der Junge nicht weg wie all die anderen?" Dann sah er diesen komischen Stuhl, an dessen Seite 2 riesige Räder angebracht waren. So etwas hatte der alte Kater noch niemals gesehen und während er noch darüber nachdachte, was man denn wohl mit diesem Ding machen könnte sprach der kleine Junge: "Hey Du, komm doch bitte zu mir...ich komme mit meinem Rollstuhl nicht über die Schwelle." Bei diesen Worten schlug er sich leicht auf die Schenkel.

Der alte Kater sah sich um, doch niemand war hinter ihm, keine der anderen Katzen war in der Nähe...der kleine Junge musste wirklich ihn gemeint haben. Langsam, immer noch an einen Irrtum glaubend, erhob er sich aus seinen Korb und ging auf dieses Ding zu, das der Junge Rollstuhl nannte. Als er kurz davor angekommen war, sprach der Junge weiter: "Hallo, ich bin Tim, ich kann meine Beine nicht mehr bewegen seit ich diesen Unfall vor 2 Jahren hatte. Meine Katze Susi lief auf die Straße, ich hatte Angst, dass sie überfahren wird und rannte ihr nach. Ich habe das Auto nicht gesehen, es erfasste mich". Dann schwieg er traurig für einen Moment und sagte: "Einige meiner Freunde wollen nicht mehr mit mir spielen, da ich ihnen beim Fußball nur noch zuschauen kann. Aber..."

Nun sprang der alte Kater auf die Beine des Jungen... vorsichtig, um ihn nicht zu verletzen. Wieder setze der Junge zum sprechen an: "Aber... nun habe ich ja dich!"

Wenig später kamen die Eltern des Jungen hinzu und der Junge sprach: "Ich habe euch doch gesagt, dass hier heute jemand auf mich warten würde. Ich wusste es, seit ich heute Nacht am Fenster saß und diese wunderschöne Sternschnuppe fallen sah."

(© by Christiane R.)